Ich will mal versuchen, etwas von dem, was mich so sehr in Cambridge
beeindruckt hat, hier rüberzubringen. Ist gar nicht so einfach, denn es
gab nichts Spektakuläres, kein großes Event wie vielleicht ein Konzert
von Gilmour oder Waters, es gab nur viele kleine Begegnungen und
Eindrücke, die letztenendlich die beiden Tage dort zum Erlebnis machten.
Es wird sicher ein langer Bericht, da ich selber noch nicht mal alles
richtig realisiert bzw. gewertet habe...
Ich
gehe am besten chronologisch vor. Nach Ankunft im Hotel, das wir noch
von London aus gebucht hatten - eine kleine Dachkammer mit so niedriger
Seitenwand überm Bett, daß ich mir beim Draufsetzen pausenlos den Kopf
stieß, aber was solls, es war auf jeden Fall schön nah am Bahnhof -,
erkundete ich erstmal die Innenstadt mit ihren beeindruckenden
Collegegebäuden und Kirchen, schlenderte über den Markt und machte mich
dann auf zur Barrett-Ausstellung "The other Room - Syd Barretts Art
and Life". Sie fand in der Ruskin-Universität statt, zu der auch die
Kunsthochschule gehört, in der Syd (und ich glaube auch Storm) früher
studiert haben. Die dortige Galerie war, wie schon bei Pulse & Sprit
beschrieben, tatsächlich innerhalb des Unigeländes schwer zu finden, ich
mußte mindestens dreimal danach fragen, ehe mir jemand den richtigen Weg
wies.
Der
Ausstellungsraum war in einen unteren und einen oberen Teil gegliedert.
Unten hingen Syds Gemälde - thematisch so vielfältig wie wohl Syd
selber war (oder soll ich sagen so zerrissen?) Es gab abstrakte Bilder
und Farbspielerein genauso wie realistische Darstellungen (z.B. eine
Schildkröte) bis hin zum Blumenstilleben. Neben den meisten war auf
einem Schild angegeben, daß er sie nach dem Malen fotografiert und
danach selber zerstört habe. Ein Bild hat mich besonders gefesselt, es
zeigt, zumindest für mich, erkennbare Phantasiewesen und erinnert damit
irgendwie an manche seiner Songtexte. Im oberen Teil der Galerie fanden
sich Syd-Bilder von Mick Rock und Familienfotos vom kleinen und jungen
Syd aus Familienbesitz, Bilder vom Eskimo-Girl, ja sogar einige seiner
Briefe. War eine sehr beeindruckende Ausstellung, aber sehr wenige
Besucher, vielleicht zehn Leute, wenn es hoch kommt, darunter ein
Ehepaar aus Nordengland, Gwen und Roger, mit denen ich hier erstmals ins
Gespräch kam und die mir später noch noch sehr hilfreich werden sollten.
Ich kaufte zwei Programmhefte, in denen einige der Bilder abgedruckt
waren, erstaunte die dortigen "Museumswächter", daß jemand aus Leipzig
bei den Barrett-Tagen auftaucht, noch dazu in meinem Alter und ganz
alleine... (Vielleicht haben sie der "armen Irren" auch nur deshalb das
Fotografieren nicht verboten, wie es ja lt. Bericht bei Pulse & Sprit
gewesen sein soll? Ich werde mal vorsichtshalber von meinen Bildern hier
nur eine Totale veröffentlichen.
Nach einem Irrgang in Richtung Hotel - hab mich natürlich wieder in der
Uni verlaufen und bin haargenau an der Ecke rausgekommen, die am
weitesten von der Hills Road, in der ich wohnte, entfernt war -, mit
schmerzenden Füßen und Rücken, mußte ich gleich wieder zum St. Pauls
Centre, wo jeden Abend eine Concert Performance stattfand und
es, wie man mir bereits in der Galery sagte, kein
Problem
war, an der Abendkasse noch ein Ticket zu kriegen. Im Vorraum wurden
Getränke angeboten und der Veranstalter Escape Artists (über den Inhalt
des Vereins könnt Ihr in dem P. u. S.-Bericht einiges erfahren, möchte
es hier nicht wiederholen) warb für seine Kampagnen und verkaufte Bücher
und spezielle Poster zur Gedenkwoche. Am Verkaufstisch saß auch Mick
Rock und signierte Poster, die mit einem seiner Syd-Fotos versehen
waren. Er unterhielt sich mangels Interesse der Gäste - keiner stand am
Tisch, alle nur trinkend in Grüppchen zusammen in dem Raum verteilt -
mit dem Merchandiser. Als ich näher trat, rief letzterer mir ein Hello
zu und erzählte Mick, daß ich aus Germany sei usw. Erst da merkte ich,
daß es sich um einen der Galery-Wächter handelte, der wohl nun hier
seine zweite Schicht schob. Mick redete gleich schnell und viel auf mich
ein, und als ich ihm klar machte, daß ich zu wenig Englisch kann, um es
verstanden zu haben, wiederholte er seine Litanei in genau derselben
Länge und Schnelligkeit:-)) Naja, irgendwie kamen wir dann doch
ins "Gespräch" - sein Buch in deutsch, die Barrett-Ausstellung u.ä.
Schließlich hab ich eins seiner signierten Poster gekauft und ihn
gefragt, ob ich ein Foto von ihm machen dürfe. Er sagte ja... und
drapierte sofort auffällig und aufwändig seinen langen schwarzen Schal
neu um den Hals und setzte sich voll in Pose - nur klemmte genau in
diesem Moment meine Kamera, die auch nicht mehr ganz taufrisch ist...
Als sie wieder funktionierte, war die Pose vorbei, er mit jemand anderem
im Gespräch, und ich habe ein, wie ich glaube, ganz ansprechendes Bild
gekriegt.
Kaum aus dieser Nummer raus, kam das nächste "Hello" und "my dear" - das
nordenglische Ehepaar hatte mich entdeckt und das nächste Gespräch stand
an. Nur mit mehr Rücksicht auf meine Sprachkenntnisse in einfacheren
Worten und kürzeren Sätzen. So konnten wir uns gut über gesehene
Konzerte, Favoriten-Songs und DVDs austauschen - auch über uns selber.
Im Konzert saßen wir nebeneinander - Gott sei dank. Denn ich muß
gestehen, daß ich einige der Songs, obwohl ich alle von Barrett
kenne, gar nicht identifizieren konnte, so sehr unterschied sich die
Präsentation von den Originalen. Was ich nicht unbedingt als negativ
anmerken möchte - denn es waren ganz interessante teils klassische,
teils jazzartige Bearbeitungen (manche allerdings mit kleinem
Schrammel-Einschlag:-))), an die man sich nur halt erst gewöhnen mußte.
Meine Nachbarn verstanden wenigstens die Texte, so erkannten sie die
Songs eher und konnten mir zuflüstern, welcher es ist. Klar, gabs auch
Songs, die ziemlich eindeutig auszumachen waren - wie die Klassiker
Astronomy Domine, Lucifer Sam, Bike, Emily und auch Arnold Layne, obwohl
in einer ziemlich schrägen Fassung. Mehr will ich hier zum Konzert auch
gar nicht schreiben, das Wichtigste über Hintergründe und Solisten und
Setlist ist ja bereits in P.u.S. gesagt worden...
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