The
Bastard Operator from Hell
Gefunden auf einem
neuseeländischen FTP-Server zu einer Zeit,
als die meisten von euch noch nicht mal wußten, daß man
Komputer mit K schreibt.
von Simon Travaglia
übersetzt von Florian Schiel frei nach den " Bastard
Pages"
Heute ist Backup-Tag. Mein
Lieblingtag! Andererseits hat es natürlich gewisse Vorteile, der
Operator zu sein. Ich linke das tape device nach /dev/null - viel ökonomischer. Zumindest, was meine
Arbeitszeit angeht, weil ich nicht alle 5 Minuten Bänder
wechseln muß. Außerdem dauert das Backup nur noch etwa 12
Minuten, also kann es nicht ganz schlecht sein! Ein Benutzer ruft
an.
"Wissen Sie, warum das
System so langsam
ist?" fragt er.
"Wahrscheinlich liegt's an ..." - Ich schaue nach,
was heute dran ist - " ... der Taktfrequenz."
"Ah." ---
Wenn sie nicht wissen, wovon man redet, sind sie
meistens zufrieden.
"Wissen Sie, wann das repariert wird?"
"Repariert? Es sind 275 Benutzer auf deiner
Maschine, einer davon bist du. Nun sei ein braver
Junge und lass mal ein paar andere ran. Log aus,
Egoist!"
"Aber ... aber die Ergebnisse müssen morgen
abgegeben werden. Ich brauche nur noch eine
Seite auf dem Laserdrucker .."
"Aber klar doch! Erzähl das mal deiner Omama,
Bruder!"
Ich hänge auf. Hundertausend
Höllenhunde! Man sollte meinen, daß sie endlich lernen, NICHT
mehr anzurufen!
Das Telefon klingelt wieder. Ich
weiß, daß er es ist. So was nervt mich. Ich verringere meine
Stimmlage um 2 Oktaven.
"HALLO,
LOHNBUCHHALTUNG!"
"Ah .. oh. Tut mir leid. Ich habe
die falsche Nummer..."
"SOOO? Wie ist denn Ihr Name, Freundchen? Wissen Sie,
wieviel Geld uns solche falschen Anrufe kosten? WISSEN SIE
DAS? Ich hätte gute Lust, Ihre vergeudete Zeit, meine
vergeudete
Zeit und die Kosten dieses Anrufs von Ihrem Monatsgehalt
abzuziehen! TATSACHE, DAS WERDE ICH AUCH! Wenn ich
mit Ihnen fertig bin, werden SIE UNS Geld schulden! WIE IST
IHR NAME - UND KEINE LÜGEN! WIR HABEN ISDN!"
Ich höre, wie der Hörer
'runterfällt und sich jemand in Trab setzt - er will sich im
Sekretariat des Dekans ein Alibi besorgen. Ich tippe seinen
Benutzernamen ein und rufe im Sekretariat des zugehörigen
Dekanats an.
"Hallo?" meldet sie
sich.
"Hallo, Simon, Operator hier. Passen Sie auf! Wenn er in
etwa 10
Sekunden in Ihr Büro stürmt, können Sie ihm was
ausrichten?"
"Ich denke schon..." sagt sie
unsicher.
"SAGEN SIE IHM: ER KANN RENNEN, ABER ER ENTGEHT
MIR NICHT!"
"Ähm, gut."
"Und nicht vergessen. Es wäre doch schade, wenn jemand
Ihre
Datei mit den einschlägigen S+M Tips in Ihrem Account finden
würde..." Ich höre ihre langen Fingernägel panikartig
über die
Tastatur klappern... "Sparen Sie sich die Mühe - ich
hab' bereits 'ne
Kopie. Nun seien Sie ein gutes Mädchen und richten Sie's ihm
aus!"
Sie verspricht es heulend.
Das Schlimme an der Sache ist: die
S+M Sache war nur geraten. Trotzdem hole ich mir rasch eine Kopie
davon. Könnte mal ganz gut sein, wenn ich nicht einschlafen
kann...
Inzwischen ist das Backup in neuer
Rekordzeit zu Ende gelaufen. 11 Minuten und 10 Sekunden. Es lebe
die moderne Rechnertechnik! Schon wieder klingelt das Telefon.
"Ich brauche mehr Platz
sagt er."
"Warum ziehen Sie nicht in den Osten?"
"Quatsch, in meinem Account, Sie Idiot."
Idiot? Oh-oh...
"Es tut mir so leid" sage ich wie Mutter Beimer
in der Lindenstraße "aber ich hab' das nicht
ganz mitgekriegt. Was sagten Sie doch gleich?"
Ich kann die aufkommende Angst durch die
Leitung riechen. Aber es ist zu spät: er ist
erledigt und er weiß es.
"Ähm, ich sagte, hätte gerne etwas mehr
Speicherplatz in meinem Account bitte."
"Aber klar. Augenblick mal." Ich höre ihn
erleichtert aufatmen, obwohl er die
Sprechmuschel mit der Hand abdeckt.
"Erledigt. Sie haben massig Platz jetzt."
"Wieviel?"
Das geht mir nun wirklich auf den Keks! Nicht
nur daß sie dauernd Speicherplatz von mir,
fordern sie wollen mich auch noch
kontrollieren und protestieren, wenn ich ihnen
nicht genug gebe. Sie sollten glücklich sein mit
dem, was von mir gibt, und basta! Wieder mit
Mutter Beimer: "Also, schaun' wir mal. Sie
haben 60 MB frei."
"Klasse! 120 MB zusammen.
Vielen Dank!" sagte
er begeistert von seiner Verhandlungstechnik.
"Moment!" unterbreche ich. Das muß man
genießen wie einen Südaustralischen bei
Raumtemperatur. "60 MB insgesamt."
"Was? Ich habe doch schon 60 MB belegt. Wie
kann ich dann noch 60 MB frei haben?"
Ich sage nichts. Ist auch nicht nötig. Er wird
schon noch drauf kommen.
Ich mag mich wenn ich eklig bin.
Ehrlich!
Ich spiele gerade DooM an der
Masterconsole als irgend so ein gedankenloser Bastard anruft. Ich
hebe ab.
"Hallo?" sage ich.
"Wer ist da?" sagt jemand.
"Ich denke, ich bin's" sage ich. Wozu habe ich den
Kurs 'Erfolgreiches Verhandeln am Telefon'
absolviert?
"Wer ich?"
"Wird das ein Österreicherwitz?" sage ich,
während
ich mit allen verfügbaren Fingern auf den Feind
ballere. ZU SPÄT.
YOU GOT KILLED. GAME OVER.
Meine Laune sinkt von minus zweihundert auf den
absoluten Nullpunkt. "Was kann ich für Sie tun?"
Stimme so weich wie Kaschmirwolle (ein untrügliches
Warnzeichen!)
"Ähm, Ich hätte gerne gewußt, ob wir ein
bestimmtes Software-Paket haben..."
"Was für eine Software ist das?"
"Ähm, sie heißt B-A-S-I-C."
klickerdiklackerdiklick
r-m b-a-s-i-c.e-x-e
"Hm, tut mir leid, haben
wir nicht. Wir hatten das
mal..."
"Oh. Na gut, die andere Sache, weswegen
ich anrufe: könnte man alle Daten in
meinem Account auf Band kopieren. Dann
hätte ich eine Sicherheitskopie zu Hause
im Falle eines Falles..."
"Im Falle eines Falles?"
"Ja, falls sie zum Beispiel aus Versehen
gelöscht werden oder so ..."
"GELÖSCHT! Ah, machen Sie sich da mal keine
Sorgen. Wir machen doch Backups." Ich bin so ein
Schwein! "Wie ist Ihr Username?" Er gibt mir seinen
Usernamen. Nicht sehr helle!
klickediklackediklick
"Aber Sie haben doch gar
keine Daten in Ihrem
Account!" sage ich, baffes Erstaunen in der
wohlmodulierten Stimme.
"Natürlich habe ich Daten. Sie schauen
sicher an der falschen Stelle!"
klickediklackediklick
"Ah, stimmt. Ich war
falsch" sage ich. Hat er nicht
gerade 'Typisch' in seinen Bart gemurmelt? Mein
lieber Freund... "Ich wollte sagen: DER USERNAME
EXISTIERT GAR NICHT."
"Was?" Wimmern in
der Leitung. "Aber da
muß einer sein. Ich habe doch erst heute
morgen darin gearbeitet!"
"Aha! Da liegt das Problem. Sehen Sie, da war ein
Virus im System heute morgen. Der ... äh .. Leonardo
da Vinci Virus. Löscht alle User die gerade eingeloggt
sind, wenn er losbricht."
"Das kann nicht sein. Meine Freundin war
auch eingeloggt, und jetzt bin ich gerade in
ihrem Account!"
"Und welcher ist das?" ER SAGT ES MIR.
MANCHE LEUTE LERNEN'S NIE. "Ah, ja. Den
Account konnten wir gerade noch retten."
klickediklackediklick
"Sie hat nur alle Daten
verloren."
"Aber..."
"Keine Sorge. Wir haben doch alles auf Backup."
"Oh, Gott sei Dank!!!"
"Auf Lochstreifen-Backup! Haben Sie einen Leser
dafür? Wir nicht! Viel Spaß!!!"
Ich bin so ein Hund!
Mein Job ist so eine Hetze, daß
ich kaum dazu komme, kurz mal ins Kino zu fahren, bevor die Leute
ihre Ausdrucke abholen kommen. Die Queue ist sowieso viel zu
voll, als daß ich alles rechtzeitig ausgedrucken (und sortieren)
könnte. Also kille ich alle die kleineren Jobs bis auf zwei und
die lassen sich im Nu sortieren. Nach dem Film (einer von diesen
Endlos-Bertoluccis, wo der Held nach drei Stunden endlich in
grandiosen Visionen zugrunde geht) komme ich zurück, um die
Ausdrucke auszugeben.
Etwa fünfzig Leute warten
draußen und ich habe zwei Ausdrucke. Stimmt ziemlich gut mit
meinem Durchschnitt überein. Andererseits hätte ich mehr killen
sollen. Egal, ich lasse die beiden Ausdrucke elegant auf den
Tisch gleiten, drehe mich um und gehe betont langsam zurück in
meinen Glaskasten. Dabei halte ich deutlich sichtbar das
Clipboard in der Hand, das mit den großen roten Buchstaben
'ACCOUNTS TO REMOVE' auf der Rückseite. Keiner sagt ein Wort.
Wie immer.
Ich sitze wieder gemütlich im
Operator-Sessel und beobachte den Überwachungs-Monitor, der
zufällig mit dem Videoplayer aus der medizinischen Optik
verbunden ist (zur Reparatur hier; geschätzter Termin der
Rücklieferung irgendwann in 2001). Plötzlich klingelte das
Telefon. Das muß heute schon das zweite Mal sein und es beginnt,
mir auf die Nerven zu gehen.
"Ja?" sage ich und
halte das Bild an.
"Ich hab' aus Versehen meinen Lebenslauf
gelöscht" sagt die Stimme am anderen Ende.
"Tatsächlich? Wie war Ihr Username?"
Er sagt es mir.
Sch.... wie langweilig. "Ah, nein. Nicht Sie haben
ihn gelöscht - ich war's."
"Was?"
"Ich hab' ihn gelöscht! Er war voll mit Sch...! In
keinem einzigen Fach was Besseres als 'ne zwei!"
"Häh?"
"Und der Mist mit dem Austauschstudium - das
war Ihre Freundin, und wir beide wissen das!"
"Häh??"
"Na, Ihre Studienangaben. Ich hab's nachgeprüft.
Sie haben gelogen."
"Wie haben Sie ..." Es klickt deutlich hörbar.
"Oh, nein. SIE sind's! Der BASTARD
OPERATOR FROM HELL!"
"Leibhaftig, am Telephon und in Ihrem Account. Es
wäre wirklich besser gewesen nicht anzurufen,
wissen Sie. Vor allem hätten Sie Ihren Usernamen
lieber für sich behalten sollen..."
[ klickediklackediklick ]
"Tja, und dann hätten
Sie dem System Manager
keine so böse Mail schicken dürfen. Eine Mail, die
ausdrückt, was Sie von ihm halten - in hübschen
Bildern!"
"Ich habe keine ..."
[ klickediklackediklick
klick ]
"So? Haben Sie nicht? Wer
kann das noch sagen
heutzutage? Keine Sorge, es bald wird alles
vorüber sein...."
[ klickediklackediklick
klick ]
... noch den Usernamen
zurückändern ...
[ klickediklackediklick ]
"B-b-b-b" blubbert
er wie eine
desynchronisierte PDP-11.
"Leben Sie wohl" sage ich überfreundlich.
"Ich
denke Sie sollten jetzt besser packen. Viel Spaß
beim Neubeginn."
Ich lege auf. Zwei Sekunden
später läutet das rote Telefon. Es ist der Boss. Er knurrt den
Usernamen - von wem wohl? - und etwas über eine schweinische
Mail. "Sie wissen, was Sie zu tun haben ..." mit den
Punkten und allem.
Später, im Abrechnungscomputer
der Städtischen Elektrizitätswerke, während ich die nächste
Rechnung des armen Schweins um ein paar Nullen korrigiere,
wundere ich mich wieder einmal über diesen hartnäckigen und
unglaublichen Mangel an Urteilsvermögen - welche Blödheit
kosmischen Ausmaßes treibt sie immer wieder dazu, bei mir
anzurufen. Noch später, als ich im FBI Computer sein Photo von
der WWW Page in die Gesuchtenliste kopiere (die mit dem Label
'Dringend gesucht, bewaffnet und gefährlich, sofort schießen')
komme ich zu dem Schluß, daß ich es wohl niemals wissen werde -
aber das Leben geht weiter.
Ein paar Stunden später sehe ich
die GSG 9 sein Apartment umstellen und mir wird klar: für ein
paar von uns wird es das nicht. Aber morgen ist ein neuer Tag.
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